Das große Abenteuer der Normalität (Waltraud Werdelis)

 

 

Quelle: DIE RHEINPFALZ Regionalausgabe: Unterhaardter Rundschau Nr. 76, Donnerstag, den 30. März 2006

 

 

Burgspiele Altleiningen haben sich das norwegische Theaterstück „Elling“ ausgesucht – Kartenvorverkauf beginnt

 

 

Wenn die Burgspiele Altleiningen wie in dieser Spielzeit sagen, „wir machen mal was ganz anderes“, dann ist das verwunderlich. Denn dass sich das vor mehr als 25 Jahren gegründete Amateurtheater auf eingefahrenen Gleisen bewege und dringend frischen Wind benötige, das kann man nun wirklich nicht behaupten. Ein Blick auf die vergangenen Spielzeiten in der Jugendherberge auf der Burg zeigt: Dem Publikum wird seit langem schon mehr „zugemutet“ als nur sommerlich leichte oder gar seichte Komödien. Dennoch, oder vielleicht deshalb, gehen die Eintrittskarten jedes Jahr weg wie warme Semmeln. Am kommenden Montag beginnt der Vorverkauf für diesen Sommer. Gespielt wird „Elling“ von Axel Hellstenius.

Das Schauspiel um zwei liebenswerte Sonderlinge, die sich nach längerem Aufenthalt in der Psychiatrie plötzlich gemeinsam im normalen Leben zurechtfinden müssen, wurde 1999 in Oslo uraufgeführt und gehört zu den am meisten gespielten Stücken der Gegenwart. Auch die Verfilmung wurde ein großer, mit einer Oscar-Nominierung belohnter Erfolg. Dennoch vermutet Regisseurin Susanne Rechner, dass viele aus dem Stammpublikum das Vier-Personen-Stück nicht kennen – es durch die Burgspiele aber kennen und lieben lernen. „Oft schaut man sich ein neues Stück lieber bei einem Amateurtheater als auf einer großen Bühne an“, merkt Ehemann Martin Steinmetz an, der die Titelrolle spielt. „Wir wollen aber niemanden bekehren“, schiebt Susanne Rechner nach, die das Stück einfach toll und für das Altleininger Ensemble geeignet findet.

Es geht um Elling (Martin Steinmetz) und Kjell Bjarne (Timo Hmielorz), die ins „reale“ Leben und eine gemeinsame Wohnung entlassen werden und mit Hilfe des Sozialarbeiters Frank (Alexander Maier) das große Abenteuer „Normalität“ bestehen sollen. Carla Swierzy wird in mehreren kleinen Rollen zu sehen sein. „Während Elling gebildet und ein bisschen vornehm ist, verkörpert Kjell Bjarne den derben Praktiker, der eigentlich nur eines will: eine Frau“, beschreibt Martin Steinmetz das Duo, „das sich wie ein aufeinander eingespieltes altes Ehepaar verhält“.

Es gehe ganz und gar unromantisch, eher zeitgenössisch direkt zu, auch in der Sprache, aber das Stück sei witzig und tiefgründig zugleich, schwärmt die Regisseurin, die in diesem Jahr wegen der ungewöhnlich kleinen Besetzung keinen Regie-Partner braucht. Auch das Bühnenbild und die Kostüme erforderten keinen allzu großen Aufwand. Viele Mitglieder der Schauspielgruppe seien froh, nach dem personenreichen Sommerstück („Viel Lärm um Nichts“) und einer zusätzlichen Inszenierung im Winter („Das Orchester“) einmal aussetzen zu können.

Die Aufführungsrechte für das relativ junge Stück zu bekommen, sei nicht so schwierig gewesen, berichtet Rechner, die zum Teil harte Verhandlungen gewohnt ist. Manche Autoren möchten das Risiko, dass ihr Stück von Laien verhunzt wird, nicht eingehen. „Der Verlag hat sich vorher aber offensichtlich erkundigt, mit was für einer Gruppe er es zu tun hat“, meint Steinmetz und verrät, dass es durchaus normal ist, zehn Prozent der Gesamteinnahmen einer Spielzeit an den Verlag abgeben zu müssen. Im aktuellen Fall wurde den Burgspielen ein bestimmter „Untertitel“ zum Namen des Stückes zur Auflage gemacht. Deshalb heißt es auf Handzetteln und Plakaten ganz ausführlich: „Elling – Schauspiel von Axel Hellstenius (unter Mitwirkung von Petter Næss) nach dem Roman ‚Blutsbrüder‘ von Ingvar Ambjørnsen übersetzt aus dem Norwegischen von Gabriele Haefs“. Wer sich das Stück ab Mitte Juni anschauen will, sollte sich demnächst um eine Karte bemühen. Erfahrungsgemäß findet sich zwar auch für kurzentschlossene Theaterbesucher an der Abendkasse ein Plätzchen, aber sicher ist sicher … (ww)

Aufführungen:
Premiere ist am 17. Juni, danach wird „Elling“ im Theatersaal in der Jugendherberge Altleiningen jeweils um 20 Uhr an folgenden Tagen gespielt: 24. Juni, 1., 8., 9., 15. und 16. Juli, 19., 20., 26. und 27. August sowie am 2. September.
Karten gibt es ab Montag, 3. April, montags und dienstags von 16 bis 19 Uhr auf der Burg oder unter Telefon 06356/8800.