Eine grandiose Premiere
Altleininger Burgspieler zeigen modernisierten Klassiker
„Romeo und Julia“ – Beachtenswerte Leistung
Quelle: Rheinpfalz vom 18.06.2019 – Anja Benndorf
Eine Top-Leistung hat der Nachwuchs der Altleininger Burgspieler bei der Premiere des Shakespeare-Klassikers „Romeo und Julia“ erbracht. Die Zehn- bis 18-Jährigen standen den erfahrenen Mimen der 1980 gegründeten Theatergruppe in nichts nach. Vor ansprechender Kulisse, die mit Hilfe zweier Künstler kreiert wurde, tauchten sie das Publikum im voll besetzten Saal in ein Wechselbad der Gefühle.
Tief eingetaucht in ihre Rollen sind auch die beiden Protagonisten der berühmten Liebesgeschichte, Charlotte Wagner und Josef Spielmann, deren Performance unbedingt hervorzuheben ist. Alle Emotionen von Julia Capulet und Romeo Montague wirken authentisch, der Zuschauer fühlt mit. Egal, ob Freude, verträumte Schwärmerei, Verzweiflung, Enttäuschung – Gestik und Mimik sind stimmig bei der 18-jährigen Grünstadterin und dem 17-jährigen Ramser, der bislang im Hintergrund für Licht und Ton gesorgt hatte und in dieser Saison sein Bühnendebüt feiert.
„Guck, da vorn! Die Montagues!“, ruft ein Mädchen aus dem Haus Capulet und kurz darauf stehen sich Jugendliche aus den zwei verfeindeten Familien in Verona gegenüber. Schwerter und Fäuste werden geschwungen. Der Fürst – alias Kyra Schilling, der die Rolle des weisen, nach außen strengen Schlichters mit dem weichen Herz auf den Leib geschnitten scheint – geht dazwischen. Derweil teilt Lady Capulet (Anja Gößling) ihrer Tochter Julia mit, dass der junge Graf Paris (Oliver Kesberger) um sie wirbt, und sie solle sich ihren Verehrer doch mal näher anschauen. „Wenn ich deine Hochzeit noch erleben darf!“, schöpft die Amme (ausgezeichnet: Ute Schmitt) Hoffnung. In einem Redeschwall hat sie zuvor knapp 14 Jahre zurückgeblickt, als sie Julia gestillt hat: „Du warst das schönste Kind an meiner Brust.“ Julia verspricht: „Ich will schauen, ob sich Liebe durch Schauen lässt erwecken.“
Doch wie alle wissen, wird daraus nichts. Denn Romeo, der gerade Liebeskummer hat, wird von seinem Vetter Benvolio, alias Felix Decker, und Freund Mercutio – eine herausfordernde Rolle, die viel Witz in das Stück bringt und für die Leon Radmacher viel schwierigen Text lernen musste – zu einem Maskenball der Capulets geschleppt.
Als der Unglückliche etwas sagt, wird er von Livia anhand der Stimme als Mitglied der verhassten Montagues identifiziert. Die Figur, die im Original Tybalt heißt, wird verkörpert von der 14-jährigen Marlene Wagner. Ihr Ausbruch: „Ich kann für die ganze Familie sprechen: Den totzuschlagen wäre kein Verbrechen!“ führt für ihren Onkel (Alexander Maier) deutlich zu weit.
Auf Versöhnung bedacht ist auch Pater Lorenzo (Martin Steinmetz), der die Schlüsselrolle in dem Drama spielt, das in Altleiningen in der modernen Version von Frank Günther aufgeführt wird. Von der heimlichen Hochzeit zwischen Julia und Romeo erhofft er sich den Anstoß dazu, den Sippenhass in Liebe umzukehren. Bevor sich die Montagues und die Capulets aber die Hände reichen, muss noch sehr viel Schlimmes passieren: Mercutio, Livia, Paris, Romeo und Julia müssen sterben. Aufgrund der ergreifenden Darstellung der Tragödie dürfte der eine oder andere feuchte Augen bekommen haben.